Delattinia News

Das "Küstenmoos" Ulota phyllantha jetzt auch im Saarland

Datum: 

20.10.2003
Im Jahre 1999 gelang der Erstfund der im westeuropäischen Küstengebiet weit verbreiteten Art für das mitteleuropäische tiefe Binnenland: Hunsrück: 6308/122 Schwarzwälder Hochwald, an Buche am NW-Hang des Sandkopfes WNW Muhl, 708 msm, S. Caspari 1999, Erstfund Rheinland-Pfalz.

Sie wurde auch noch nie annähernd in einer solchen Höhenlage beobachtet. Nur wenig später entdeckte L. Meinunger ein zweites südwestdeutsches Vorkommen im Kylltal N Trier. Ganz überraschend war dann der Nachweis durch A. Oesau in den Rheinauen bei Mainz.

Jetzt ist Ulota phyllantha im Saarland angekommen. Auf der regengeschützten Stammseite einer Bruchweide (Salix x rubens) beim Martinshof östlich der Friedhofs Osterbrücken (6509/212) wächst ein kräftiger Rasen des Mooses. Im Foto (-->Nahaufnahme) fallen rostrote Triebspitzen auf. Es sind Brutkörperhäufchen an den umgestalteten Blattspitzen, mit denen sich die Art - ganz im Gegensatz zu ihren Gattungsgenossen - fortzupflanzen pflegt.

Mit dem Postulieren einer Klimaänderung durch überraschende Funde atlantisch oder mediterran verbreiteter Moose sollte man vorsichtiger sein, als man es in einer Art prozessualen Euphorie derzeit häufig ist. Die Möglichkeit, bei einer nicht immer und nicht überall beachteten Artengruppe wie die der Moose, etwas - auch andauernd - zu übersehen, ist hoch. Das gehäufte Auftreten einiger morphologisch auffälliger Atlantiker in unserem Raum lässt sich aber kaum noch anders interpretieren. Neben Ulota phyllantha, deren Vorkommen bei uns als echtes "Küstentier" eine wirkliche Sensation ist, zählen auch andere epiphytische Moose wie Cryphaea heteromalla, Zygogon conoideus, Orthotrichum pulchellum zu dieser Kategorie. Sie alle sind im Saarland viel häufiger als im Bundesdurchschnitt und werden jetzt zunehmend in weiter östlich gelegenen Gebieten gefunden. Cryphaea wächst beim Martinshof übrigens am selben Baum wie Ulota phyllantha. Das Klima ist eben feuchter und wärmer geworden.

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Literatur: 

Caspari, S., Mues, R., Sauer, E., Hans, F., Heseler, U., Lauer, H., Schneider, C., Schneider, T. & Wolff, P.  (2000): Liste der Moose des Saarlandes und angrenzender Gebiete mit Bemerkungen zu kritischen Taxa, 2.Fassung. - Abh. Delattinia 26: 189-266.
Caspari, S. (2000): Neue Moose für Rheinland-Pfalz. - Limprichtia 14: 21-26.
Frahm, J.-P. (2002): Die aktuellen Vorkommen von Ulota phyllantha und Zygodon conoideus in Deutschland. - Bryologische Rundbriefe 53: 1-3

Autor(en): 

S. Caspari

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Amaranthus blitum auf der Bergehalde Maybach

Datum: 

17.10.2003

Ort: 

Bergehalde Maybach

Maximieren

An der Nordwestflanke der Bergehalde Maybach befindet sich derzeit eine etwa halbjährige, artenarme Unkrautflur aus unzähligen Jungpflanzen von Chenopodium ficifolium und darunter (im Vergleich eher selten, ca. 1 Ex. pro 1 Ar) Einzelexemplare einer Pflanze mit ganz merkwürdig kriechenden, und auffällig rot überlaufenen Trieben. Irgendwie fühlte ich mich beim Anblick dieser Art in die Ruderalfluren und Trittpflanzengesellschaften der Vorstädte im Mediterraneum versetzt.

Die Blätter sind lang gestielt und vorne ausgerandet, Blüten, Blütenstand und Frucht verraten die Zugehörigkeit zu den Fuchsschwanzgewächsen. Insgesamt lande ich beim Bestimmen im Formenkreis des Aufsteigenden Fuchsschwanzes Amaranthus blitum L. 1753.

Autor(en): 

A. Staudt

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Erstfund des Bewimperten Sternlebermoos Riccia ciliata im Saarland

Datum: 

16.10.2003

Ort: 

Hofberg bei Reitscheid

Der Hofberg (NW Reitscheid, 6409/313) ist - was wenig bekannt ist - eines unserer anerkannten Natura 2000-Gebiete. Er wurde als Vogelschutzgebiet (u n d als FFH-Gebiet) gemeldet; die Anerkennung als SPA (special protected area, so heißen die Vogelschutzgebiete in EU-Deutsch) erfolgte im Jahre 2001. Endlich soll er nun auch Naturschutzgebiet werden.


Der Hofberg ist ein extrem flachgründiger, an vielen Stellen felsig aufbrechender Vulkanitbuckel, auf dem seit dem Versuch, ihn mit Douglasien aufzuforsten, keine Nutzung mehr stattfindet. Das schlug zwar weitgehend fehl, die auf etwa einem Viertel der Fläche dennoch wachsenden Douglasien beschatten jedoch die angrenzenden Offenbereich und erschweren die Zugänglichkeit. Seit ca. 25 Jahren sind die ehemals großflächigen offenen Trockenrasen und Felsgrusfluren in stetiger Sukzession begriffen. Während die verbliebenen Offenstellen zum Erhalt des botanischen Artenpotenzials (bisher) ausreichten, hat die Fauna bereits empfindliche Einbußen zu verzeichnen. So ist der Berg im derzeitigen Zustand für die Heidelerche
(Lullula arborea; mit ein Grund für die Ausweisung als Vogelschutzgebiet) als

Lebensraum ungeeignet. Ebenso verschwand der dunkle Puzzlefalter (Pyrgus serratulae) etwa Mitte der 1980er Jahre.

Jetzt wurde mit Pflegemaßnahmen begonnen, die bereits erste Erfolge zeitigten. So konnte der Genfer Günsel (Ajuga genevensis) erstmals überhaupt hier gefunden werden (siehe News 2002[Link fehlt!]). Die Pflegemaßnahmen sind im Gebiet schwierig durchzuführen; sie müssen in Art und Umfang optimiert und weiterentwickelt werden.

Ein Kurzbesuch am 16.10.2003 galt der Begutachtung dieser Pflegemaßnahmen und der Frage, wie einige wertgebende Arten mit dem Extremsommer 2003 zurechtgekommen sind. Dabei wurde auf einem Tierpfad auf dem Plateau des Hofbergs inmitten einer größeren Population von Riccia sorocarpa, das zierliche Bewimperte Sternlebermoos (Riccia ciliata) erstmals im Saarland gefunden werden.

Die Wimpern am Thallusrand (besonders an der Thallusspitze) reflektieren das Blitzlicht und sind auch im Foto zu sehen. R. ciliata wurde auch in Rheinland-Pfalz bisher nur an einer Stelle nachgewiesen und gilt bundesweit als sehr selten und stark gefährdet.

Tierpfade innerhalb von Trockenrasen sind funktional hoch bedeutsame Strukturelemente. Für die Sternlebermoose der Gattung Riccia ist die lokale Verdichtung des Bodens und die damit länger verbleibende Feuchtigkeit essentielle Voraussetzung für das Wachstum. Auch andere wertgebende Moose wie Bryum alpinum oder Campylopus subulatus wachsen an solchen Stellen. Doch auch für die Fauna sind solche linearenSonderstrukturen sehr wichtig. Sie fungieren für alle Dickkopffalter der Gattung Pyrgus als Habitatstruktur für die Revierbildung der Imagines wie auch als Eiablagestruktur. Dies zeigt, dass (maßvolle!) Störungen auch in Schutzgebieten in aller Regel förderlich sind, während eine allzu einheitliche Pflege (wie auch eine zu intensive Störung) nicht zielführend sind.

Autor(en): 

S. Caspari

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Blüte des Deutschen Enzians, Gentianella germanica, am Hammelsberg bei Apach.

Datum: 

27.09.2003

Die Fundstelle am Hammelsberg ist altbekannt. Insgesamt gibt SAUER (1993) die Art für 8-10 Minutenfelder des Saarlandes an. Ob diese Fundstellen alle noch rezent sind, ist zu bezweifeln. Mir jedenfalls sind in 30 Jahren floristisch-faunistischer Forschung keine weiteren Vorkommen bekannt geworden.

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19. Oktober 2003, auf einen Hinweis von Thomas Schneider hin habe ich heute am Nackberg bei Hilbringen nach der Art gesucht und an der Nordostflanke des Hügels 4 Stellen mit Deutschem Enzian (40 - 60 - 100 - 20 blühende Exemplare) gefunden. Die Nachsuche am Gallenberg bei Gisingen (Hinweise von Th. Schneider u. Stefan Maas) war dagegen erfolglos.