Delattinia News

Pyrgus armoricanus 2003 im Saarland

Datum: 

15.09.2003

Das Jahr 2003 war für sehr viele Schmetterlingsarten aussergewöhnlich. Man kann nicht sagen, pauschal gut oder schlecht, dazu haben die Arten viel zu unterschiedlich auf die extremen Witterungseinflüsse reagiert. Es waren aber bei sehr vielen Arten neue Phänologierekorde zu verzeichnen und die Generationenzahl lag bei zahlreichen Arten höher als sonst.

Im September fiel Rainer Ulrich und Roland Summkeller eine Puzzlefalter-Art (Pyrgus sp.) auf Halbtrockenrasen des Bliesgaus zu einer Jahreszeit auf, in der diese Gattung im Saarland bisher nie gefunden wurde. Die Handbestimmung ergab, dass es sich nicht um den häufigen (aber um diese Jahreszeit normalerweise auch nicht auftretenden) Pyrgus malvae handeln konnte. Zur Diskussion standen drei weitere, bundesweit sehr seltene und im Saarland noch nie bzw. schon lange nicht mehr nachgewiesene Arten.
Durch Genitaluntersuchung (durchgeführt von Andreas Werno) ist die Bestimmung inzwischen eindeutig. Es handelt sich um Pyrgus armoricanus (-->Foto im WEB), von dem bis dato erst ein einziges Exemplar (1968) im Saarland belegt war. Eine systematische Nachsuche (im wesentlichen durch R. Ulrich und Thomas Reinelt) ergab, dass die Art im Saarland in der zweiten Septemberhälfte auf allen gut entwickelten Kalk-Halbtrockenrasen (soweit untersucht) des Bliesgaus und Saargaus flog. Von ca. 15 Fundstellen ist sie inzwischen bekannt.
Auch in den Kalkgebieten Lothringens wurde die Art festgestellt (Marc Meyer, pers. Mitt.). Negativ verlief die Nachsuche hingegen auf den Silikatmagerrasen des Nordsaarlandes.

Mit dem Baden-Württemberger Spezialisten Gabriel Hermann wurden dann im NSG Badstube (hier beobachtete R. Ulrich eine Eiablage) Eier gesucht: nach fünf Sekunden hatte er das erste. Nach einer halben Stunde waren es etwa 50 Stück. Ablagepflanze ist dort ausschließlich Potentilla tabernaemontani. Inzwischen hat Th. Reinelt auch die Ablage an Potentilla reptans nachgewiesen.

Deutschlandweit ist Pyrgus armoricanus eine extreme Seltenheit. Es stellt sich die Frage, warum er im Saarland so lange unerkannt blieb und wieso er dieses Jahr so häufig war. Zunächst ist man geneigt, von einer Invasion auszugehen. Dagegen spricht, dass der Schmetterling ausschließlich (aber dann auch sehr regelmäßig) auf gut entwickelten kurzrasigen Kalk-Halbtrockenrasen fliegt.
Einfliegende Wanderfalter würden sich auch anderenorts aufhalten. Es spricht mehr für die These, dass er schon immer da war, durch eine Kombination von sehr geringer Individuendichte (unterhalb der "Nachweisschwelle"), wenig attraktivem Äußerem und Hauptflugzeit im Spätsommer (keine bzw. allenfalls noch mäßig motivierte Entomologen unterwegs) einfach nie gefunden wurde.
Der außergewöhnliche Witterungsverlauf 2003 kam der Art, die wohl stets in mindestens zwei jährlichen Generationen auftritt, sehr entgegen. Sie bildete eine vollständige dritte Generation aus, die dann in recht großer Individuendichte auftrat. Im Durchschnitt wurden 5 - 10 Ex. pro Stunde und Biotop festgestellt.Bleibt zu hoffen, dass die Räupchen gut in und über den Winter kommen (bis zum dritten Stadium müssen sie noch fressen) und nach dem außergewöhnlich guten Jahr nicht (es wäre nicht das erste Mal) ein ausgesprochen schlechtes folgt (durch Parasitengradation etc.).
Die gute Vernetzung der besiedelbaren Biotope im Bliesgau ist dabei sicher hilfreich; es ist wohl auch bei Pyrgus armoricanus von der Existenz regionaler Metapopulationssysteme auszugehen.

Autor(en): 

S. Caspari, Rainer Ulrich

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Massenbestand von Epilobium brachycarpum C. Presl auf der Bergehalde der Grube Maybach.

Datum: 

02.09.2003

Ort: 

Bergehalde Maybach

Bereits 2001 war mir an der nördlichen Flanke der Bergehalde ein "merkwürdig aussehendes" Weidenröschen-Exemplar aufgefallen. Ich hatte bei diesem Besuch jedoch keine Zeit und Gelegenheit mich näher mit der Pflanze zu beschäftigen. Ein bisschen Blättern im fantastischen Bildatlas von Haeupler & Muer am gleichen Abend begründeten jedoch den Verdacht, dass es sich um das Kurzfrüchtige Weidenröschen handeln könne. Im darauffolgenden Jahr wurde die Halde mit neuen Erdmassen deutlich erhöht, so dass ich keine Hoffnung hatte, die Pflanze dort wiederzufinden.

In diesem Jahr führten mich ökologische Begleituntersuchungen zur Haldenbegrünung erneut zur Bergehalde Maybach. An der Südflanke der Halde befindet sich nun auf einer Böschung, die 2001 noch vollkommen unbewachsen war, zu meiner großen Überraschung ein wirklich riesiger Reinbestand von Epilobium brachycarpum.
Die Pflanzen sind ca. 100-150(-180) cm hoch und sehr reich sparrig verzweigt. Der Haupttrieb ist unten kräftig, die Seitenäste sind lang und dabei auffällig dünn. Die Beblätterung ist spärlich, die Blätter sind klein, selbst die unteren Blätter sind kaum 3 cm lang (-->Details im Bild). Insgesamt erinnern sie mich an Epilobium lanceolatum, und ich kann mir vorstellen, dass Jungpflanzen zu verwechseln sind. Der -->Gesamthabitus ist jedoch für ein Epilobium ungewöhnlich und damit die Art schon von weitem zu erkennen.

Bisherige Fundorte in der Nachbarschaft des Saarlandes: Bahnhof im Depot westl. Miesau/Pfalz (leg. P. Wolff, zitiert in SCHNEIDER 2001). Nach LANG & WOLFF (1999) ist die Art seit 1994 in Deutschland.
HAND (2003) zitiert LENKER (2001) wonach die Art erstmals 1991 in Deutschland auf einem Truppenübungsplatz im Hunsrück aufgetreten sein soll. Derzeit soll sie sich im nördlichen Oberrheingraben in lebhafter Ausbreitung befinden. HAND nennt Lavagruben in der Eifel (Umgebung von Gerolstein): Steffeln (TK 5705), Oberstadtfeld und Nerod (TK 5806) als aktuelle Fundorte seit etwa dem Jahr 2000.

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Abb. 1: Südexponierte, frisch aufgeschüttete Böschung der Halde Maybach mit ca. 20 x 200-300 m großem Reinbestand des Kurzfrüchtigen Weidenröschens, Epilobium brachycarpum.

LITERATUR: SCHNEIDER, T. (2001): Funde bemerkenswerter und gefährdeter Farn- und Blütenpflanzen im Saarland und seinen Randgebieten. 2. Folge (1999 - 2001). - Abh. DELATTINIA, Bd 27: 29-83.
LANG, W. & P. WOLFF (1991): Flora der Pfalz - Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen für die Pfalz und ihre Randgebiete. - Speyer.
HAND, R. (2003): Neues aus der Flora der Region Trier: bemerkenswerte Funde von Samenpflanzen (Spermatophyta) im Berichtsjahr 2002. - Dendrocopos 30: 153-167.
LENKER, K.-H. (2001): Epilobium brachycarpum Presl in Südhessen - Schriftenr. Umweltamt Darmstadt 16: 27-28.

Autor(en): 

A. Staudt

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Ein Nachweis der Büffelzirpe Stictocephala bisonia Kopp & Yonke, 1977 im Saarland, in feuchten Hochstauden des Unteren Primstals bei Diefflen.

Datum: 

24.08.2003

Der nächstgelegene, bekannt gewordene Fundort der Art ist die Moselaue in Luxemburg (NICKEL, briefl. Mitt.).

NICKEL (2003) macht folgende Angaben zur Ausbreitung der Art in Europa:

 

" The species was introduced from North America into Europe (presumably with twigs of fruit trees) where it was reported for the first time in 1912 from former Hungary. Later it spread over most parts of southern Europe (extending northward to Belgium in oceanic climates) and has reached parts of North Africa, Kirghizia and Kazakhstan. In Germany recorded for the first time in 1966 along the southern upper Rhine (Isteiner Klotz) and in 1972 in numerous sites between Lörrach and Kehl, although already found in 1952 in Alsace near Strasbourg (France). Meanwhile it occurs in the valleys of the Black Forest, down the Rhine valley at least to Speyer (since 1996) and Darmstadt (since 2000), up the Rhine to Radolfzell near Lake Constance, 400m a.s.l. (1998) and up the Neckar valley to Nürtingen (since 1995). Has been reported to cause damage on grapevine and fruit trees by oviposition into young twigs in Italy."

 

Autor(en): 

A. Staudt

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Fund eines aberranten Zweizahns an der Unteren Prims

Datum: 

22.08.2003

In den trockengefallenen Absinkweihern des Kiesweihergebietes bei Diefflen dominieren derzeit in den zentralen Bereichen Ranunculus sceleratus und Rorippa palustris und (mehr an den Rändern) Alopecurus aequalis und Bidens frondosa. Vereinzelt, aber doch immer zu finden, war auch Bidens cernua.

Eine Pflanze erschien "merkwürdig". Blattstellung und -form waren ähnlich wie bei B. cernua, die Blüten erinnerten an B. frondosa. Ein Bastard? Die Nachbestimmung zu Hause brachte nicht die erhoffte Aufklärung sondern eher größere Verwirrung:

1) Die Blattform (ungeteilt) passt noch am ehesten zu B. connata, soll aber auch in Ausnahmefällen bei B. tripartita, B. frondosa und B. radiata auftreten.
2) Die Form der Blütenköpfe passt nicht zu B. radiata, die Spreublätter würden dagegen ganz gut zu radiata passen (nach HEGI) .
3) die Achaenen sind gross, insgesamt zwar flach, haben aber eine deutliche dritte Kante und eine dritte Granne

Trotz der Vielzahl untypischer Merkmale also aller Wahrscheinlichkeit nach nur eine Form von Bidens tripartita!

Eine genauere Nachsuche am 24.08.03 erbrachte im Gebiet keine weiteren Pflanzen mit diesen Merkmalen. Auch Bidens tripartita war auf den Flächen nicht vertreten. Am 27.08.03 fand ich noch ein weiteres Exemplar einer solchen Pflanze im Mündungsbereich der Bist bei Wadgassen (dort aber keine weiteren Bidens-Exemplare).

Abb. 1: Bidens, unbestimmt


Abb. 2: Bidens cernua (in einem jetzt als Wildschweinsuhle dienenden Schlammweiher)

Autor(en): 

A. Staudt

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