Delattinia News

Corrigiola litoralis auf der Halde Lydia

Datum: 

22.09.2013

Ort: 

Camphausen, Dudweiler

Die Kohlebergehalde Lydia ist bei Spaziergängern sehr beliebt. Sie liegt am Nordwestrand von Dudweiler, gegenüber von Camphausen. Sie bietet weite Ausblicke auf Dudweiler, den Saarkohlenwald und Fischbach.

Am 24. 8. 2013 fand ich dort mehrere Exemplare des Hirschsprungs, Corrigiola litoralis. Er ist ein Pioniergewächs, meist auf Sand, wo er schnell von der Sukzession verdrängt wird. Im Saarland gibt es ältere Angaben aus dem Nied- und dem Saartal, von Standorten, die nach F.-J. Weicherding alle erloschen sind. Lydia ist also der einzige aktuelle Fundort. Im grenznahen Lothringen sind ebenfalls aktuelle Vorkommen der Sippe auf Bergbaubrachen bekannt.

Die Vermutung, dass es dort noch mehr Pflanzen des Hirschsprungs geben könnte, bewahrheitete sich bei einer gemeinsamen Begehung am 22. 9. 13. F.-J. Weicherding und ich fanden auf der Oberfläche noch viele weitere Gruppen, die jeweils wenige bis über hundert Exemplare umfassten. Insgesamt schätzen wir den Bestand auf mehrere tausend Pflanzen. Sie scheinen ungefährdet, auch weil sie wie ihre häufigsten Begleiter, Exemplare des Vogelknöterichs (Polygonum aviculare), ziemlich trittfest sind. Die Gruppen stehen in der Regel am Fuß von kleinen Böschungen, wo sich im Frühjahr vermutlich das Regenwasser gestaut hatte. An den Ufern der zwei aktuellen Teiche fand sich kein Hirschsprung. Er macht also im Sommer seinem Namen „litoralis“ (Ufer-) keine Ehre. Er blüht weiß (s. Foto) und zwar von Juli bis September.

Erster Nachweis des Zünslers Ostrinia palustralis (HÜBNER, 1796 ) im Saarland

Datum: 

18.06.2013

Ort: 

Wiesenauen, Nunkirchen

In den letzten Jahren wurden über 90 neue Schmetterlingsarten für das Saarland Jahren nachgewiesen, darunter auch einige Neufunde für die Bundesrepublik Deutschland. Somit kommen wir langsam der "2500 Artengrenze" immer näher. Der neueste, zudem auch recht spektakuläre Fund stammt aus einem Garten in den Wiesenauen von Nunkirchen, wo mittels Lichtfang  am 18.06.2013  Ostrinia palustralis nachgewiesen werden konnte.
Der wunderschöne Falter, zugleich mit einer Spannweite von 3,5 - 4,0 cm auch der Größte unserer heimischen Zünsler, ist normalerweise im Norden und Osten von Deutschland verbreitet. Im Westen und Südwesten fehlte die Art bisher. Aus Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sind keine Funde bekannt, auch nicht aus den angrenzenden Gebieten in Frankreich. In Nordrhein Westfalen wurde die Art erst 1982 ganz im Norden nachgewiesen.

Die feuchten Wiesenauen des Nunkircher Baches mit eingestreuten kleinen Teichen in den Hausgärten passen gut zum bevorzugten Biotoptyp dieses Zünslers.

Nachweisboom der Schüppchenflechte Normandina pulchella (Borrer) Nyl. im Saarland.

Datum: 

28.11.2012

Ort: 

Saarland

Normandina pulchella ist der in Mitteleuropa einzige Vertreter einer Flechten-Gattung, die auch weltweit nur eine Art (BRODO et al. 2001) umfasst. Die Flechte besteht aus meist 1 mm, seltener bis 3 mm großen muschelförmigen, blaugrünen Schüppchen, deren Ränder einen feinen Wulst aufweisen und bei älteren Thalli sorediös aufreißen können. Sie tritt in der Regel in kleinen Kolonien auf, die Rinden-Moose besiedeln, dort können sie bis dezimetergroße Flächen bedecken (Foto 1). Trotz ihrer geringen Größe ist die Flechte eine durchaus attraktive Erscheinung, was auch in "Kosenamen" wie "hamsteroortjes" (holländisch, Hamsteröhrchen) und "elf ear-lichen" (englisch, Elfenohr-Flechte) zum Ausdruck kommt.

N. pulchella ist mitteleuropäisch-mediterran und subatlantisch (ozeanisch) verbreitet und gilt allgemein als zerstreut bis selten. In Deutschland meidet sie, nach derzeitigem Kenntnisstand, kontinental getönte Gebiete. In manchen Bundesländern ist sie daher bisher eine ausgesprochene Seltenheit, in Baden-Württemberg dagegen in vielen Rasterfeldern vertreten. In anderen Bundesländern kann der Status der Flechte aufgrund der unzureichenden Datenlage nicht bewertet werden (WIRTH 2010). In der Flechten-Checkliste des Saarlandes (JOHN 2007) wurde die Art noch nicht aufgeführt, erst 2009 bei Oberwürzbach vom Verf. gefunden. Bis Anfang 2012 folgten durch denselben Beobachter nur zwei weitere Nachweise im Südosten des Saarlandes. V. John und V. Wirth fanden N. pulchella im Frühjahr 2009 bei Selbach im nordöstlichen Saarland. Nach weiteren Funden im März 2012 bei St. Ingbert durch den Verf. lieferten intensive Nachforschungen im Südosten des Saarlandes innerhalb weniger Wochen (Mitte März bis Ende Mai 2012) Belege in 63 Minutenfeldrastern (s. Verbreitungskarte). 

N. pulchella besiedelt epiphytische Moose und ist in verschiedenen Waldgesellschaften (außer Fichtenforsten) zu Hause, wo sie halbschattige, luftfeuchte Standorte bevorzugt. Die Moosdecken, auf denen sie zu erwarten ist, sollten der Rinde des Baumes flach anliegen. Die im Saarland auf bislang 21 Moos-Arten nachgewiesene Flechte wurde hauptsächlich auf dem Lebermoos Frullania dilatata wachsend sowie auf dem Laubmoos Hypnum cupressiforme angetroffen, die beide zusammen 70% der Substrate ausmachen. Nur selten ist sie in Mooslücken auch auf nackter Rinde/Borke zu finden. Die am häufigsten besiedelten Trägerbäume (bisher 19 Laubbaum-Arten im Saarland) sind nach dem derzeitigen Kenntnisstand im Untersuchungsgebiet Zitterpappel (Populus tremula) und Esche (Fraxinus excelsior), die zusammen ebenfalls rund 70% des Baumspektrums bestreiten, erstere vor allem in den Sandgebieten der St. Ingberter Senke, letztere vor allem in den Kalkgebieten des Saar-Blies-Gaus. Dass Hypnum cupressiforme Spitzenreiter der Laubmoos-Substrate ist, verwundert angesichts der Häufigkeit des Schlafmooses nicht. Interessanter ist, dass N. pulchella von allen epiphytischen Lebermoosen F. dilatatadeutlich bevorzugt und die ebenfalls häufigen Metzgeria furcata und Radula complanata eher meidet. (Foto 2). Was diese Affinität bedingt, bedarf noch der Klärung. 

Dass N. pulchella als Klimazeiger für Erwärmung unter Beobachtung der Lichenologen steht (V. John, pers. Mitt.), ist weniger überraschend als die Dramatik, mit der sich ihre Zunahme zumindest im Südosten des Saarlandes gegenwärtig vollzieht, auch wenn man davon ausgeht, dass so mancher Nachweis einer hartnäckigen Nachsuche zu verdanken ist. Dass sie in der Vergangenheit einfach nur übersehen wurde, erscheint wenig wahrscheinlich, hatte doch V. John so manche Standorte im südöstlichen Saarland, an denen N. pulchella nun aufgetaucht ist, gründlich untersucht, ohne ihr begegnet zu sein. Es ist wohl damit zu rechnen, dass sich auch in den anderen Landesteilen die Nachweisdichte erhöhen wird, wenn gezielt nach der Flechte gesucht wird. Nicht nur Lichenologen, auch Bryologen und Mykologen, die ein berufsmäßiges Interesse an Baumstämmen haben, sollten daher in Zukunft auf diese leicht kenntliche Flechte achten. 
Einzelheiten zur Ökologie und Verbreitung von N. pulchella im Saarland sind Gegenstand einer in Vorbereitung befindlichen kleinen Arbeit, Fundmeldungen (mit Bild und/oder Beleg) sind daher willkommen.

Literatur: 

Brodo, I.M., Sharnoff, S.D. & Sharnoff, S. (2001): lichens of north america. yale university press, new haven and london.
John, V. (2007): Checkliste der Flechten und flechtenbewohnenden Pilze des Saarlandes mit einer Bibliographie. Abh. der Delattinia 33, Saarbrücken: 155-188 
Wirth, V. (1995): Die Flechten Baden-Württembergs, Bd.1, 2.Aufl., Stuttgart
Wirth, V. (2010): Ökologische Zeigerwerte von Flechten - erweiterte und aktualisierte Fassung. - Herzogia 23 (2), 229-248

Autor(en): 

Ulf Heseler

Tags: 

Calypogeia suecica – ein neues Lebermoos für das Saarland

Datum: 

08.10.2012

Ort: 

Wald „Erlenbruch“, Neunkirchen

Nach über 25-jähriger Kartierung der Moose des Saarlandes ist deren Erfassungsgrad mittlerweile so gut, dass jede neue Art, die im Untersuchungsgebiet gefunden wird, für die hiesigen Bryologen ein kleines Ereignis darstellt. Ein solches war die Entdeckung des Laubmooses Buxbaumia viridis (s. News vom 23.09.2012), das Claudia und Thomas Schneider „vor ihrer Haustür“ im Merziger Kammerforst entdeckten.

Um diesen Standort auch im Hinblick auf eine mögliche Sicherung genauer beschreiben zu können, unternahmen die Unterzeichner am 8. Oktober 2012 eine Transsekt-Studie zur Erfassung der in der Umgebung vorkommenden Moosarten, wobei ihr Augenmerk vor allem den Totholz besiedelnden Arten galt. Die Überraschung der drei Moosfreunde abends am Mikroskop war groß, als sie ein auf toten Nadelholzstämmen gesammeltes Lebermoos übereinstimmend als abermals neue Art für das Saarland bestimmen konnten und so die Volksweisheit Lügen straften, dass es immer nur ein Unglück ist, das selten allein kommt, auch ein glücklicher Fund kann weitere im Gefolge haben.

Calypogeia suecica ist in Deutschland nur im Schwarzwald und in den Alpentälern verbreitet, in den übrigen Bundesländern jedoch extrem selten oder fehlend (MEINUNGER & SCHRÖDER 2007). Nachweise aus den benachbarten Gebieten Pfalz und dem lothringer Schichtstufenland gibt es nicht, aus Luxemburg liegt nur die Meldung eines erloschenen Vorkommens vor (WERNER 2011). Die nächsten Wuchsorte befinden sich in den Vogesen (FRAHM 2002).

Da einer der drei aus dem Bryologen-Trio ähnliche Standorte wie im Merziger Kammerforst auch vor seiner Haustür hat, im Waldstück am „Franzosengrab“ zwischen St. Ingbert Ost und Rohrbach, wurde auch hier eine gründliche Nachsuche am 14. Oktober 2012 belohnt durch ein reiches Vorkommen von C. suecica: das Lebermoos wächst hier in mehrere dm² großen Deckenauf einem morschen, am Boden liegenden Kiefernstamm in einem alten Mischwald aus Buchen, Kiefern und Eichen. Begleitet wird es von den Lebermoosen Blepharostoma trichophyllumCephalozia bicuspidataNowellia curvifoliaScapania nemorea und den Laubmoosen Dicranella heteromallaLeucobryum glaucum und Mnium hornum. Auf einem Kiefernstumpf in der Nähe wurden wenige Sprösschen der Art in Begleitung der Lebermoose Cephalozia lunulifolia und Riccardia latifrons gefunden.

Eine gemeinsame Exkursion von U. Heseler und R. Mues im Wald am „Erlenbruch“ südwestlich Neunkirchen lieferte schließlich am 16.Oktober 2012 den nun dritten Nachweis der Art für das Saarland auf einem mächtigen, morschen Fichtenstamm, wo C. suecica neben Riccardia latifrons und R. palmata beobachtet wurde. Zur Zeit ist nicht zu sagen, ob es sich bei den Funden von C. suecicaum Neubesiedlungen handelt oder ob die Art früher übersehen wurde. Zur Beantwortung dieser Frage können weitere Geländebeobachtungen in den nächsten Monaten beitragen.

Die Lebermoos-Gattung Calypogeia ist nunmehr mit 7 Arten im Saarland vertreten: C. arguta, azurea, fissa, integristipula, muelleriana, sphagnicola und suecica; eine achte Art, C. neesiana, wurde im Kartiergebiet nahe der saarländischen Grenze festgestellt.

Literatur: 

FRAHM, J.-P. (2002): La bryoflore des Vosges et des zones limitrophes. Limprichtia 19, 332 S.

MEINUNGER, L. & SCHRÖDER, W. (2007): Verbreitungsatlas der Moose Deutschlands. - 3 Bände: 636+699+708 S. Herausgegeben von O. DÜRHAMMER für Regensburgische Bot. Ges., Regensburg.

WERNER, J. (2011): Les bryophytes du Luxembourg – Liste annotée et atlas. The bryophytes of Luxembourg – Annotated list and atlas (Ferrantia, Trav. Scient. Musée Hist. Natur. Lux. 65). – Luxembourg: 144 p.

Autor(en): 

Ulf Heseler, Rüdiger Mues, Thomas Schneider

Tags: